2. Teil
Feldhasenfotografie mit Canon DSLR
ein Report von Michael Schmelter


hier geht's zum 1. Teil

Sie wurden entdeckt - was tun ?

Aber wie verhält man sich nun, wenn man einen Hasen gesichtet hat und dieser, wie beschrieben, auch von einem selbst Kenntnis hat ? Wichtig ist, so wenig bedrohlich wie möglich zu wirken. Mit der Tatsache, sich der Umgebung anzupassen, ist bereits der Grundstein dazu gelegt. Eine sehr wichtige Rolle spielt auch unsere Größe. Ein aufrecht stehender Hase kann eine Schulterblatthöhe von gut 30 cm haben. Auch aus grosser Entfernung ist ein ebenso aufrecht stehender Mensch riesig. Kein Umstand kann jedoch einfacher beseitigt werden. Man  setzt sich einfach auf den Boden. Auf diese Weise wird die eigene, vergleichsweise enorme Größe, fast halbiert. Im weiteren Verlauf rutscht man in Intervallen immer näher an den Hasen heran. Wie kurz oder lang diese Intervalle sind, hängt einzig und allein vom Verhalten des Hasen ab. Wenn man merkt, dass dieser plötzlich permanent aufrecht sitzt und die Löffel nach oben stellt, ist Vorsicht geboten. Dann sollte man ihm die Zeit geben sich zu beruhigen. Irgendwann senkt er dann seine Brust, ruht sich aus oder frißt weiter. Geduld ist also eine wichtige Voraussetzung, um qualitativ gute Bilder zu bekommen.

Die Entdeckung der Kleinheit

Die Körpergrösse des Fotografen steigt trotz sitzender oder gebückter Haltung mit abnehmender Entfernung an. Also ist es früher oder später günstig sich flach auf den Boden zu legen. Gerade in den Morgenstunden macht man dann meist die Erfahrung wie saugfähig die bisher trockene Kleidung sein kann. Hasen lieben das feuchte Gras, da sie so über die Nahrung auch genügend Flüssigkeit zu sich nehmen können.

Sicher gibt es durchaus Möglichkeiten sich zusätzlich zur Kleidung vor Feuchtigkeit am Boden zu schützen. Während man sich stationär aufhält sind Thermounterlagen, wie sie gebraucht sehr günstig in NatoShops erhältlich sind, eine feine Sache. Diese sind meist auch so gross das man liegend darauf Platz findet. Nur muss man sich darüber im Klaren sein, dass ein stückweises Näherrücken an ein Motiv dadurch unnötig kompliziert wird. Auf dem Bauch liegend hat man seine „scheinbare“ Größe nochmals erheblich reduziert. Der höchte Punkt ist dann der eigene Kopf mit einem durch den Sucher schauenden Auge. Bis zu diesem Zeitpunkt verzichte ich meist auf die Aufnahme von Bildern, da ich noch zu weit entfernt bin und das Auslösegeräusch der Kamera den Hasen unnötig irritieren könnte. Auch mit grossen Brennweiten ist schon eine gewisse Nähe zum Motiv erforderlich. Überhaupt kann man bei der Hasenfotografie eigentlich nie genug Brennweite haben und so stellen 300 mm die absolute Untergrenze dar. Das bedeutet nicht, dass Bilder aus grösserer Entfernung oder mit kleinen Objektiven gemacht grundsätzlich schlechter sind. Jeder Fotograf ist jedoch bestrebt so viele Details seines Motives wie möglich zu zeigen. In der Tierfotografie zählt die Qualität eines Bildes und somit ist es besser eine (einzige) hochwertige Aufnahme zu machen als viele, die deutlich schlechter sind.

Der entscheidende Moment

Nun hat man den Hasen also das erste Mal richtig im Sucher. Die Spannung steigt, gleichzeitig aber auch die Angst, dass er - trotz aller Vorsicht - davonläuft. Spätestens jetzt zahlt sich eine sorgfältig gewählte Kameraeinstellung aus. Problematisch bei der Fotografie mit Teleobjektiven ist immer die Belichtungszeit, gerade wenn man früh am Morgen vor Ort und das Licht noch schwach ist. Hat man einen Hasen vor sich, der ruht oder seinen Kopf nur bewegt, weil er nach frischen Wildkräutern sucht, braucht man sich i.d.R. keine Sorgen um Bewegungsunschärfen zu machen, wohl aber um Bildfehler durch die Bewegung der eigenen Hand.

Ein Hase, der mitten auf einer Wiese sitzt, von zarten Sonnenstrahlen beschienen, ohne Gegenlicht, ohne harte Licht-Schattengrenzen und einem vielleicht gestattet, bis auf 5 Meter heranzutreten, wird wohl für die meisten ein Traum bleiben.

Gegenlichtsituation meistern

Schwierig wird es, wenn der Hase im Gegenlicht sitzt. Dann befindet sich das Motiv (dunkler Hase) vor der Lichtquelle (Sonne). Solange der Hase sich nicht formatfüllend im Sucher befindet, überwiegt während der Belichtungsmessung die helle Umgebung. Je nach Kameramodus wird entweder extrem kurz belichtet oder die Blende des Objektives wird geschlossen. Das Ergebnis ist aber in jedem Fall ein dunkles Hauptmotiv, in unserem Fall ein Hase mit zeichnungslosem Fell. Hier hilft nur eine manuelle Überbelichtung um min. eine Blende, welche aber mit dem Risiko einhergeht, dass das Umfeld in gleißendem Licht untergeht. Gerade hier ist es sinnvoll, die Aufnahme im Raw-Format zu speichern, da über geeignete Software die harten Kontraste bis zu einem gewissen Grad geglättet werden können, sprich, der Objektkontrast lässt sich besser als mit dem Jpeg-Format wieder normalisieren.

Aufhellblitzen als Alternative ?

Aufhellblitzen hat sich in solchen Situationen nicht bewährt und ist nur in ausgesprochen interessanten Situationen zu empfehlen. Der helle Lichtimpuls führt in fast jedem Fall dazu, dass sich der Hase zurückzieht. Alle im Vorfeld praktizierte Tarnung ist hinüber und man hat wahrscheinlich nur ein Foto im Kasten. In jedem Fall sollte man, falls vorhanden, die Gegenlichtblende einsetzen. Dieser Begriff ist eigentlich irreführend. Dieses Zubehör beseitigt nicht die o.g. Probleme, schützt aber vor seitlich einfallendem Licht (Streulicht[blende]), welches sehr zu Lasten des Kontrastes geht und auch Einfluss auf die Schärfe eines Bildes hat. Alternativ kann auch die eigene Hand, eine Mütze oder eine kleine Fototasche herangezogen werden. Eine Abschattung durch die Hand kann natürlich nur erfolgen, wenn diese nicht für die stabile Lagerung des Objektivs benötigt wird.

Stativeinsatz und Bildstabilisatoren

Oft muß eine Belichtungszeit gewählt werden, die jenseits der Faustformel 1 / Brennweite liegt. Dreibeinstative sind in der vorliegenden Situation mehr hinderlich als von Nutzen. Einbeinstative können, weit eingefahren, nur in sitzender Position genutzt werden. In Bauchlage ist es eine sehr gute Hilfe das Objektiv auf den Unterarm oder den Handrücken aufzulegen. Dies schützt gleichzeitig auch vor Verschmutzungen beim weiteren Annähern. Alternativ zur Auflage des Objektivs auf den eigenen Körper kann auch sehr gut ein mit Bohnen oder Reis gefüllter Leinensack als Unterlage für das Objektiv genutzt werden. Man muss sich nur darüber im klaren sein, dass dann mehr Ausrüstung zu transportieren ist, welche in der Phase des Anpirschens hinderlich sein kann. Diese Unterlage muss auch gut gegen Feuchtigkeit geschützt sein und darf bei Bewegung keine lauten Geräusche abgeben (Plastiktüte). Bestens bewährt haben sich Objektive mit Bildstabilisator, der es einem ermöglicht, sofern das Motiv innehält, mit Verschlußzeiten länger als 1/100 Sek. zu arbeiten. Entscheidend ist in diesem Moment auch die Einstellung der Blende, welche weit geöffnet eine kürzere Belichtung erlaubt.

Das Bouquet macht den Unterschied

Die Blende entscheidet aber auch über zwei andere wichtige Elemente, die Tiefenschärfe und der schon während der Aufnahme erfolgenden Freistellung des Motivs. Gerade wenn man die Kamera weit absenkt, fotografiert man praktisch in jedem Fall den Horizont mit. Nun sitzen Hasen nicht immer in günstigen Positionen oder einem märchenhaften Umfeld. So ist es durchaus sinnvoll, nicht nur wegen einer günstigeren Verschlusszeit mit einer grossen Blende zu arbeiten, sondern auch zur Gestaltung des Umfeldes. Gerade schemenhaft angedeutete Gräser und Blüten im Hintergrund sorgen für eine traumartige Atmosphäre, die man gezielt schaffen kann.

Problematisch kann es jedoch werden, wenn man es schafft sehr nah an einen Hasen heranzukommen und dieser genau in Blickrichtung zur Kamera schaut. Hier ist es sinnvoll, eine oder zwei Stufen weiter abzublenden, da sonst das Risiko besteht, dass Teile des Kopfes oder die Spitzen der Ohren an Schärfe einbüßen. Ein in die Unschärfe des Hintergrundes übergehender Körperstamm kann jedoch sogar einen interessanten Effekt haben und dem Bild zusätzliche Tiefe verleihen. Wenn man den Hasen nicht formatfüllend im Sucher hat, ist eine selektive Anmessung ratsam. Vor allem wenn das Umfeld harte Kontraste durch das Sonnenlicht bietet besteht das Risiko, dass feine Zeichnungen des Fells verlorengehen.

In Serie zum Spitzenfoto ?

Letztlich ist bei einer nicht besonders rasanten EOS DSLR wie der 300D von der Serienbildfunktion abzuraten, v.a. wenn man dem Hasen recht nah ist und er von dem stetigen Auslösegeräusch irritiert werden könnte. I.d.R. entstehen so lediglich viele gleichartige Bilder und man hat im schlimmsten Fall eine durch das Speicherverfahren blockierte Kamera, wenn der Hase plötzlich eine besonders interessante Position einnimmt. Dieses Risiko variiert zwischen verschiedenen Kameramodellen. Eine 300D mit einem Speichervermögen von 2,5 Bilder/s hat weniger Potential als eine 20D mit 4,7 Bilder/s (wenngleich die 20D ein erheblich lauteres Auslösegeräusch hat). Die Werte sind natürlich auch abhängig vom eingestellten Bildformat und der verwendeten Speicherkarte. Empfehlenswert sind z.B. bei schnelleren Kameras wie der EOS 350D oder 20D die Sandisk Ultra II oder Extreme.

Weitere Aufnahmen finden Sie von mir auch in der fotocommunity.

Michael Schmelter


Wissenswertes zu Feldhasen und Unterschiede zu Kaninchen finden sich hier im Überblick.

Zurück zum 1. Teil

 

Leserkommentare:

Derzeit sind hier 23 Kommentare vorhanden:
 

Donis: krass. echt toll. fett respekt, mann!!
(10.02.2012, 23:13 Uhr)

: Hallo Michael,
ENDLICH HABE ICH DICH GEFUNDEN !!!!
ich finde sehr gut das du dich mit Fotografie beschäftigst.
Seit einigen Jahren mache ich auch Macro und Natur Aufnahmen. Ich bin NIKON Fan !! hehe
Ich würde mich gerne nach 20 Jahren wieder mit Dir Treffen.
Dein damaliger Arkadas
Kemal Güzel
schreib mir bitte

mfg
K.G
(12.01.2012, 01:18 Uhr)

Bernhard: sehr schöne Fotos und Erläuterungen
(30.07.2011, 03:22 Uhr)

Christiane: viel zu stark geschärft
(27.11.2010, 18:45 Uhr)

Anonym: Zum Thema "Nachstellen":
http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/volltexte/2010/4592/pdf/238_neu_StGB.pdf
"...ist „Nachstellen“ die unmittelbare Vorbereitung dieser Handlungen, z.B. Durchstreifen des Gebiets mit gebrauchsfertiger Jagdwaffe. Umfasst sind
sämtliche Verhaltensweisen, mit welchen der Täter nach seiner Vorstellung zum Fangen, Erlegen
oder Sich-Zueignen der Beute unmittelbar ansetzt."

Ich denke, eine Kamera zählt nicht zu den Jagdwaffen im Sinne dieses Gesetzes
(27.10.2010, 00:09 Uhr)

jessica m.: süß das tier :)
(22.09.2010, 16:48 Uhr)

romia: suber
(27.08.2010, 13:10 Uhr)

Anonym: Schöne Bilder, Respekt! Aber bitte beachten, dass schon das Nachstellen von Wild eine Straftat ist laut § 292 StGB. Also immer vorher mit dem örtlichen Jagdpächter sprechen.
(27.07.2010, 17:45 Uhr)

karina1995: mein name ist karina klovski,ich mache ein referat über hasen und hab selber einen,die bilder sind wirklich faszienierend. p.s.wie groß wird ein feldhase den eigentlich?
(24.06.2010, 17:14 Uhr)

gjuhk: hi ich find das toll
(24.06.2010, 17:02 Uhr)

[1] [2] [3] [weiter >>]
Kommentar schreiben:

Name:
E-Mail oder Homepage:

Bitte diese Zahlen eingeben:
Captcha Code

Hier geht es ZUM FORUM / Canon Specials finden Sie im TRAUMFLIEGER-SHOP !




 

Traumflieger-Hintergrundinfos

Wissen


Umfrage


Umfrage