von der Kompakten zur Spiegelreflex
Der entscheidende Punkt, um von
meiner Kompaktkamera zur digitalen Spiegelreflex (SLR) upzugraden, war die stark
eingeschränkte Möglichkeit, die Canon G2 mit Zubehör auszustatten. Über
die Jahre lernte ich sie sehr schätzen; stets war sie mein Begleiter in der Gürteltasche und mit der Erfahrung im Umgang mit ihr stieg auch die Qualität
der Fotos.
Doch nun
musste sie her, die Canon
300d. Ein grosser Vorteil dabei war nicht nur die Möglichkeit, um die
EOS-Objektive nutzen zu können, sondern dass auch viel vom erworbenen Equipment der
G2 kompatibel ist. Batterien, Nahlinsen (Canon 250 D, 58mm), Speicherkarten und
Übertragungssoftware passen.
Lohn sich der Umstieg ?
Ist die 300d jedoch wirklich so viel
besser als die G2 ?
Nach ein paar Tagen Eingewöhnungszeit war ich diesbezüglich noch immer
kritisch. Ein grosser Vorteil der G2 ist das frei dreh- und klappbare Display,
auf das auch in den unmöglichsten Positionen der Blick stets frei ist. Im
Gegensatz dazu zwangsverpflichtet die 300d durch den Sucher zu gucken. Dort
allerdings mit einem phantastischen Blick auf beleuchtete Parameter und
Fokuspunkte. Ja, jetzt ging vieles schneller: Autofokus und Einsatzbereitschaft
der SLR sind um einiges rasanter, doch wie sieht's mit den Ergebnissen aus, vor
allem auch im favorisierten Nahbereich ?
der Test
Ein kleiner Test sollte mir qualitativen Aufschluss zwischen den beiden Kameras
bringen. Dazu wählte ich als ruhiges Motiv eine Schnecke am Ast, um auch
Langzeitbelichtungen mit Stativ machen zu können. Bei der 300d kam das "Kit-Objektiv"
18 - 55 mm zum Einsatz.
1.) Vergleich mit
Blitzlicht aus der Hand
bei 1/50 Belichtungszeit. Bilder in schwarz-weiss,
um die unterschiedliche Weissabgleichsbehandlung zu neutralisieren.
Canon
G2 Canon 300d
Bewertung: die G2 wirkt etwas härter
im Kontrast, Details verschwinden. Die 300d-Schnecke wirkt insgesamt
ausgewogener und sanfter. Beide Fotos liessen sich jedoch ohne weiteres aus der
Hand in guter Schärfe machen.
2.) natürliche Lichtaufnahme vom
Stativ
Canon G2, 0,4 Sek
Canon 300d, 4 Sek
Belichtung
Bewertung: die Schärfe und Details
des 300d- Schneckenhauses ist wieder um einiges besser.
3.) Schärfevergleich vom
Stativ
3.1: Ziel war es, die Augen einer Kreuzspinne möglichst scharf nach den
jeweiligen Möglichkeiten der Kameras abzubilden. Dabei wurde auf die
Parametergleichheit nicht geachtet. Das 300d-Bild wurde auf die Masse der etwas
geringeren Auflösung der G2 in der EBV herunterkonvertiert, um eine gleiche
Bildgrösse zu erhalten. Zum Einsatz kamen jeweils zwei Canon Nahlinsen 250 D
sowie eine Halogentaschenlampe zur Ausleuchtung.
G2, 1 sec
/
300d, 10 sec/
B 8,0 / ISO
50
B 22 / ISO 100
Bewertung: Beiden Aufnahmen fehlt der
letzte Schliff. Vermutlich sind die hohen Blenden Schuld, es waren mir jedoch
bei niedrigeren Blendenwerten dennoch keine schärfen Bilder möglich. Ein etwas
härterer Kontrast ist im G2-Bild auszumachen; beim 300d-Foto sind die Augen
vielleicht eine Idee schärfer geworden. Insgesamt jedoch lautet mein Urteil
dennoch unentschieden.
3.2: Die Hutstruktur
eine kleinen Pilzes sollte ohne Nahlinsen bei kleinster Blende möglichst scharf
abgebildet werden.
Übersichtsfoto
direkter Vergleich
Die G2 zeigt prozessorbedingt mehr Schärfentiefe und weist dadurch im oberen rechten Kappenrandbereich mehr
Details auf; ansonsten scheint das 300d Foto jedoch eine Idee schärfer zu sein.
3.3: Die Schärfentiefe bei
jeweils grösster Blende sollte anhand eines "Pilzgartens" untersucht
werden. Hier kam es auf gleichmässige Schärfe über den gesamten Bereich an.
G2, Blende
8 300d,
Blende 22
Beide Fotos wirken nicht so recht
überzeugend in ihrer Schärfe; mir scheint das G2-Foto - nicht nur wegen des
stärkeren Farbkontrastes - eine geringfügig bessere Schärfe zu zeigen.
3.4: Kein direkter Vergleich,
sondern eine Analyse der Schärfungsalgorithmen in der 300d. Die Frage war, was
die Parameterveränderung in der Kamera bewirkt. Dazu wurde das Pilzgartenfoto
jeweils mit unterschiedlichen Schärfungseinstellungen der Kamera bei kleinster
Blende aufgenommen und jeweils 3 Einzelbereiche zum Vergleich herangezogen.
Im 3. Foto war die Frage, ob sich der
Schärfungsunterschied der Kamera in der EBV (elektronische Bildverarbeitung)
egalisieren lässt.
Übersichtsfoto
Parametervergleich
Egalisierungsversuch
300d, Blende 22
durch EBV
Deutlich zu erkennen sind im 2. Foto
die Schärfungsabweichungen. Das 3. Foto zeigt meiner Ansicht nach, dass eine
Schärfung auch durch die EBV nachgeholt werden kann, zumindest dürfte dies vom
mittleren (hier nicht gezeigt) auf den +2-Wert gelten.
4.) Rauschverhalten der 300d bei
unterschiedlichen Isowerten. Mir war aufgefallen, dass einige Bilder etwas
verrauscht wirkten, obwohl in anderen Testberichten das Rauschverhalten der
Canon sehr gelobt wurde. Für die Beurteilung ist ein ruhigerer Hintergrund am
besten geeignet (die Schnecke wurde nur zur Orientierung eingeblendet)
300d bei
ISO 100
ISO 400 ISO
800
ISO 1600
Bewertung: Das Bildrauschen nimmt
deutlich wahrnehmbar zu. Ab 800 erscheint es mir kaum noch akzeptabel zu sein.
Natürlich spielt die Vergrösserung eine wichtige Rolle. Wenn das Motiv in der
Bildbearbeitung dann auf eine niedrigere Auflösung herunterkonvertiert wird,
dann wirkt sich dies positiv bzw. glättend auf die Rauschartefakte aus.
Beim direkten Vergleich wurde ein
Kaktusmotiv gewählt, bei dem oben links zur besseren Verdeutlichung in einem
roten Quadrat das Feld jeweils 5-fach überschärft wurde (jeweils Blende 4,5, 1/80 sec):
G2, ISO
200
300d, ISO 200
Hier ist das günstigere
Rauschverhalten bei der 300d deutlich erkennbar. In der Praxis zeigt sich
jedoch, dass bei Verwendung des relativ lichtschwachen Kit-Objektivs eher auf
hohe Isowerte zugegriffen wird, da die Kit-Optik mit Anfangsblende 4.5 (G2 =
Blenden 2.0) im täglichen Umgang für Fotos aus der Hand hohe Isowerte
einfordert . Für Bewegtbilder z.B. im Sportbereich dürften die Iso-Werte ab
800 nützlich sein, bei weniger bewegten Motiven ist ein niedriger Isowert durch
Einsatz eines Stativs bei nicht vollausgeleuchteten Situationen ratsam.
5.) Helligkeitseindruck im
Automatikmodus
In Diskussionsforen war zu hören,
die 300d würde zumindest im Automaktikmodus keine ausreichende Helligkeit auf
den Bildern wiedergeben. Daher hier ein Vergleich der beiden Kameras jeweils im
vollautomatischen Modus:
Wie zu sehen, ist das G2-Bild
tatsächlich einen Tick heller. Das Histogramm offenbar jedoch, dass die
Helligkeitswerte (rechter Bereich) etwas enger gedrängt sind und somit
weniger Differenzierung aufweisen. Die 300d dagegen zeigt im dunkleren Bereich
einen höheren Ausschlag (Anzahl der Pixel), was auf bessere Kontrastwerte
schliessen lässt. Allerdings schlägt ganz links im schwärzesten Bereich ein
Balken aus, der auf eine recht hohe Anzahl von Pixeln hindeutet, die nicht
weiter differenziert werden. Die Unterschiede sind jedoch insgesamt so gering,
dass hier kaum von wesentlichen Abweichungen die Rede sein dürfte.
Generell ist es zu empfehlen, auf die Automatikmodi zu verzichten, da dies
immer mit einem Kontrollverlust auf das Bildergebnis einhergeht.
6.) Was bringt die Canon Nahlinse
250 D ?
Das Kitobjektiv bietet 58 mm und somit passend die 250 D- Nahlinsen ohne
Adapter. Doch bildet sie auch scharf ab und vor allem welche
Vergrösserungstufen bringt sie ? Hier das Ergebnis:
300d,
ohne
Nahlinse
1 x
Nahlinse
2 x Nahlinse
Abstand ca. 12 cm Abstand ca. 8
cm Abstand ca. 5 cm
7.) Schlussendlich
sollte mir
die Schnecken-Testreihe auch ein beleuchtungstechnisch anspruchsvolleres Foto mit der 300d
bringen. Hier kam eine kleine Halogentaschenlampe zum Einsatz.
Belichtung 1/5 sek./ Blende 5/ ISO
400 / Belichtungskorrektur - 2
8.) Schnellpraxis:
hinterm
Haus im Wäldchen entdeckte ich einen interessanten Pilz. Der sollte nun eben
mal ohne grossen Aufwand abgelichtet werden. Weder Stativ noch weiteres Zubehör
kamen ins Gepäck; lediglich mit beiden Kameras und einem Overall ging's ins Gebüsch.
G2, ohne
Blitzlicht 300d, mit Blitz
Hier erwies sich in Bodennähe das
klappbare Display der G2 als Motivfinder als überaus nützlich. Zwischen den
Büschen und Brennesseln musste ich mich mit der 300d dagegen (ohne
Winkelsucher) flach auf den Boden legen. Für meinen Geschmack ist das G2-Foto
ansprechender geworden.
9.) Fazit
Die Fotoqualität beider Kameras bei der jetzigen
low-Budget-Objektiv-Ausstattung liegt etwa auf ähnlichem Level, wobei die 300d
mir leichte Vorteile in der Detailstruktur bei Makros zu haben scheint, wohin
die reine Bildschärfe bei der G2 teilweise höher zu sein scheint. Für das schnelle Foto
ist die G2 mit Klappdisplay und lichtstarkem Objektiv im Vorteil. Autofokus und
Einsatzbereitschaft der 300d ist dagegen überlegen, man merkt, dass die Technik
weiter fortgeschritten ist. Die 300d ist also derzeit mit dem Kit-Objektiv kein vollständiger Ersatz,
sondern kommt als weiterer Gefährte ins Kamerateam.
Vorteile der 300d:
-
Wechselobjektive
-
besserer Autofokus
-
genauere und mehr
Fokussierungsfelder (7 statt 3)
-
schnelleres Verändern der
Einstellparameter mittels Drehknopf (Haptik)
-
Parametereinblendung im Sucher
-
Bildanalyse der Tonwerte
-
individuell speicherbare
Parameterwerte
-
bessere Beurteilung der Schärfentiefe durch Abblenden möglich
-
längere Belichtungszeit (30 Sek
bzw. unendlich mit Fernbedienung gegenüber 15 Sek.)
-
kürzere Belichtungszeit (4000/tel
Sek. gegen 500/tel)
-
kurze Auslöseverzögerung
-
höhere Isowerte (bis 1600
gegenüber 400)
-
höhere Auflösung (6,5 gegen 4
Megapixel)
-
Battery-Package auch als Griff
für Hochformataufnahmen
Nachteile der 300d:
-
etwas höherer Energieverbrauch
-
kein klappbares Display,
insbesondere für das Fotografieren mit Display (technikbedingt, da SLR)
-
erheblich teurer
-
etwas umständlicher bei der
Anzeigezoom-Funktion
-
Helligkeit des Blitzes an der
Kamera via Parameter nicht regulierbar
-
Handling durch Grösse und
Verschmutzung bei Objektivwechsel ungünstiger
-
Verschlussgeräusch bei
Nahaufnahmen von beispielsweise Insekten
10.) Ausblick
Drei weitere
Traumflieger Objektiv-Tests an der Canon 300d folgen hier:
- wie gut ist das hochgelobte Festobjektiv
Canon 50mm/1,8 II ?
- Makrospezialisten an der 300d
- Der erweiterte Zoombereich: 3 Telelinsen
von 28 mm bis 300
11.) Weiterführende Links
Neu: Lesen Sie auch den Bericht zur
8-Megapixelkamera Canon Pro 1 im Vergleich zur Canon
300d/10d
weitere Fotos der Kameras gibt's hier
oder bei der fotocommunity
Neu: Tippsammlung zur 300d
Links zum Vergleich
Kompaktkamera/digitale SLR (300d bzw. 10d)
Praxisvergleich
10d - G2 (mit ebenfalls günstigem Objektiv)
ein
weiterer Vergleich Kompaktkamera (Fujii Finepix S 602 Zoom) und Canon 300d
Rauschtest
10d - und diverse Kompaktkameras
12.)
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