besser blitzen mit Canon-DSLR

ein Report von Herbert Waldhecker und Stefan Gross

 

Fotografie ist Malen mit Licht. Aber was tun, wenn das Licht knapp wird oder von der falschen Seite auf das Motiv fällt? Dann muss oder möchte man von den Möglichkeiten der Blitzlichtfotografie Gebrauch machen, stellt aber schnell fest, dass ein einfaches Zuschalten des Blitzgerätes die Problematik nicht löst, sondern nur verlagert. Zwar steht jetzt wieder genug Licht zur Verfügung, aber die Ergebnisse weisen oft aus, dass von Malerei keine Rede mehr sein kann.

Harte Schatten, fehlende räumliche Tiefe, Überstrahlungen und zeichnungslose Dunkelfelder scheinen beim Einsatz des Blitzgerätes vorprogrammiert. Das ist aber nicht zwangsläufig so und wer bereit ist, sich die Welt der kreativen Blitzlichtfotografie zu erschließen, wird schon bald bemerken, dass mit den schnellen Lichtspendern durchaus Malerei betrieben werden kann.


Seitenüberblick
Fehler vermeiden und kreativ blitzen
wie der Blitz funktioniert

wie sich Licht ausbreitet
ETTL und ETTL-2

 

Fehler vermeiden und kreativ blitzen

Die Beschäftigung mit der Blitzlichtfotografie scheint gar nicht so einfach, denn der Blitz leuchtet leider viel zu kurz auf, um noch während der Aufnahme die Wirkung des Lichtes richtig einzuschätzen. Fehlen umfangreiche Praxiserfahrungen, so bewegt sich der Fotograf vor Ort in einer Dunkelzone und wird später bei der Bildauswertung wohlmöglich eine überraschend hohe Anzahl an misslungenen Blitzlichtaufnahmen aussortieren müssen.

Traumflieger.de füllt mit diesem Report jedoch nicht nur Informationslücken zum Thema Fehlervermeidung beim Blitzlichteinsatz und gibt Einsteigern einen Themenüberblick, sondern stellt darüberhinaus auch kreative Techniken vor. Mischtechniken von Umgebungs- und Blitzlicht, vom Umgebungslicht gänzlich befreite Motive oder Schärfe-Mixturen sind hierfür Beispiele, die im Praxisteil aufgegriffen werden.

Einige der hier beschriebenen Effekte finden in den sonst im Internet veröffentlichten Berichten keine Beachtung und werden somit auf Traumflieger.de erstmals ausführlich im Web publiziert.

Betrachtungen über Spezialeffekte, Master-Slave-Konfigurationen sowie besondere Ausrüstungen wie beispielsweise Ringblitze oder Studioblitzanlangen bleiben einer geplanten Report-Fortsetzung vorbehalten.

Update:
Ein Report zum kabellosen Blitzen u.a. mit mehreren Geräten haben wir hier veröffentlicht

Haben Sie Anregungen, Ergänzungen oder ggf. Hinweise auf abweichende Ergebnisse bei eigenen Versuchen, so schreiben Sie uns an foto@traumflieger.de oder nutzen die Kommentarmöglichkeit im hinteren Reportteil.

Um das Blitzgerät in der Praxis effektiver einzusetzen, widmen wir uns zunächst einigen Basics im nachfolgenden Grundlagenteil

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Grundlagenteil:

Wie der Blitz funktioniert

In einem Blitzgerät befindet sich eine meist mit dem Edelgas Xenon gefüllte Blitzbirne, die bei Auslösen des Blitzes für sehr kurze Zeit ein helles Licht abgibt. Damit das geschehen kann, ist eine Spannung von mehreren hundert Volt erforderlich, die aus den geräteinternen Batterien erzeugt und in einem Kondensator gespeichert wird. Der Kondensator wird beim Auslösen des Blitzes über den sog. Blitztrafo entladen, an dessen Sekundärseite dann kurzzeitig sogar einige tausend Volt anliegen. Eine solch hohe Spannung ist notwendig, damit das Gas in der Blitzbirne ‚zündet’ und Licht aussenden kann. Zwischen zwei Blitzen muss der Kondensator erneut aufgeladen werden, was der Grund dafür ist, dass man nicht eine beliebig schnelle Blitzfolge bekommt. Das vom Blitz ausgesandte Licht entspricht in etwa weißem Tageslicht mit einer Temperatur von ca. 5500 K.

Der Urtyp eines Elektronenblitzgerätes lieferte allerdings immer die gleiche Lichtmenge und es war ein wenig Rechenarbeit erforderlich, um zu bestimmen, welche Blende zu befriedigenden Ergebnissen in einer bestimmten Entfernung führt. Um eine solche Berechnung durchführen zu können, benötigt man als Rechengröße die sog. Leitzahl.

Spielchen mit der Leitzahl
Der Fotograf maß früher die Entfernung zum Motiv und kannte die Leitzahl seines Blitzgerätes. So war es ihm möglich, nach Umstellung der Formel zu B= LZ/S, die erforderliche Arbeitsblende einzustellen. Die Belichtungszeit spielt übrigens hierbei gar keine Rolle, da man davon ausgeht, dass die Leuchtdauer des Blitzes immer deutlich unter der eingestellten Belichtungszeit bleibt. In der Tat ist die auch als ‚Abbrenndauer’ genannte Zeit, in der der Blitz Licht aussendet, nur in Millisekunden zu messen und damit gegenüber der Gesamtbelichtungszeit zu vernachlässigen.

Auch heute noch werden Blitzgeräte nach der Leitzahl klassifiziert. Dieser Wert hilft uns die Motiventfernung zu bestimmen, bei der es vom Blitzlicht noch ausreichend beleuchtet wird.

Dazu stellt man die Formel nach der Entfernung (S) um und erhält: S= LZ/B

Um zu verstehen, wie das gemeint ist, gehen wir vom eingebauten Blitz mit einer Leitzahl von 13 aus. Wenn das verwendete Objektiv als größte Blende f=4 anbietet, lassen sich Motive in 13m/4 also 3,25m ausreichend beleuchten. Darüber hinaus kann man noch mit einem höheren ISO-Wert die Reichweite vergrößern. Bei ISO 1600 leuchtet der interne Blitz immerhin schon (4*13m/4) gleich 13m weit. Verwendet man einen Blitz mit der Leitzahl 40 (z.B. liegt das Canon Speedlite 430EX in ähnlicher Region mit einer LZ von 43) steigt die mögliche Entfernung bei ISO 100 auf 40m/4 also auf 10m und bei ISO 1600 auf 40m  an. Die Rechnerei mit der Leitzahl ist also auch heute durchaus manchmal sinnvoll, wenn man abschätzen will, ob ein Blitzeinsatz überhaupt möglich ist. Nicht vergessen darf man hier, wie entscheidend die eingestellte Blende für die Reichweite ist. Wird die Blende etwas z.B. auf  Blende 8 geschlossen, reicht  der eingebaute Blitz bei ISO 100  grade einmal für Aufnahmen bis zu 13m/8 =1,6m.

moderne Leuchtdauerbegrenzung
Man kann leicht verstehen, dass ein Blitzgerät mit statischer Lichtabgabe für den Alltagsfotografen auf Dauer unbefriedigend war. Die Ingenieure der Kamerahersteller haben daher nach einem Verfahren gesucht, dass es möglich macht, den Blitz auch ohne große Rechenkünste sofort einzusetzen. Dazu ist es erforderlich, die Lichtmenge (Leuchtdauer) zu begrenzen. Moderne Blitzgeräte können daher den Blitz nicht nur zünden, sondern auch wieder abschalten. Eine erste technische Umsetzung boten in den 60er Jahren sog. Computerblitzgeräte, bei denen Fotozellen ins Blitzgerät eingebaut wurden, um das vom Motiv reflektierte Licht zu messen und den Blitz abzuschalten, wenn eine ausreichend große Menge Licht eingefangen war. Dieses Verfahren war zwar besser als der ungeregelte Blitz, aber immer noch mit vielen Fehlern behaftet. Das rührt daher, dass ein solches Blitzgerät nicht wissen kann, welches Objektiv zum Einsatz kommt und welcher Ausschnitt wirklich abgebildet werden soll. Die Lösung heißt ‚TTL’, was ‚through the lens’ bedeutet und eine Messmethode bezeichnet, bei der die erforderliche Menge Blitzlicht direkt durch das Objektiv von Sensoren in der Kamera bestimmt wird. Zur Verbesserung dieser Technik wurde einige Jahre später A-TTL eingeführt, wobei  erstmals ein Vorblitz  zum Einsatz kam. Die aktuellen Varianten zur Berechnung des Blitzlichts heißen bei Canon E-TTL bzw. E-TTL II (E steht für evaluate) und werden hier später noch
im Detail vorgestellt.   

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Wie sich Licht ausbreitet

Interessant ist nicht nur die Technik der Blitzgeräte sondern auch die physikalische Grundlage, wie etwa die der Ausbreitung des Lichtes. Der das Blitzgerät verlassende Lichtkegel bedeckt eine Fläche, die mit dem Quadrat der Entfernung zur Lichtquelle wächst. Analog dazu nimmt die Helligkeit dieser Fläche im gleichen Maße ab. Die auch als 1/r2 bekannte Gesetzmäßigkeit gilt übrigens nicht nur für Licht, sondern begegnet uns in der Physik sehr oft.

Ein Lichtkegel verliert seine Helligkeit also im Quadrat zur Leuchtentfernung, da er beispielsweise in doppelter Entfernung schon die vierfache Fläche beleuchten muss. Das hat große Auswirkungen auf das Aussehen einer Blitzlichtaufnahme. Menschen sind es gewohnt ‚linear’ zu denken und unterschätzen daher leicht den Lichtverlust, der schon wenige Meter hinter einem Motiv eintritt - so dass der Hintergrund auf solchen Aufnahmen oft überraschend dunkel ausfällt.

Eine weitere Folgerung dieser Gesetzmäßigkeit ist die Notwendigkeit eines sich im Vordergrund befindlichen Hauptmotivs, wenn es vom Blitzlicht beleuchtet werden soll. Das ist keineswegs trivial, da man hierdurch oft auf kompositorische Schwierigkeiten stößt. Würde der Blitz für ein im Hintergrund platziertes Motiv berechnet, so ergäben sich schnell Überstrahlungen im Vordergrund.

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E-TTL und E-TTL-II

Alle Canon D-SLR Kameras arbeiten mit der fortschrittlichen E-TTL-Technik, die 1995 erstmals eingeführt wurde und nachfolgend kurz erläutert werden soll.

Wenn der Fotograf den Auslöser halb durchdrückt, wird bei E-TTL zunächst die Belichtung für das Umgebungslicht bestimmt und festgehalten bzw. im Autofokusbetrieb auch das Objektiv auf das Hauptmotiv scharf gestellt. Wird der Auslöser danach voll durchgedrückt, sendet die Kamera einen kurzen Vorblitz aus, der von denselben Sensoren ausgewertet wird, die auch für Aufnahmen ohne Blitz die Belichtung kontrollieren. Wie erwähnt misst ETTL also nicht mehr mit externen Belichtungssensoren wie noch die Computerblitze älterer Generation, sondern verwertet direkt das durchs Objektiv einfallende Licht.

Vorblitz & Hauptblitz
Der Messblitz dient zur Bestimmung der für die Aufnahme vom Blitzgerät benötigten Lichtmenge. Der Vorblitz kommt bei Wahl des ersten Verschlussvorhangs so kurz vor dem Hauptblitz, dass er in der Regel nicht zu bemerken ist. Störend wirkt er sich aber evtl. aus, wenn der zweite Vorhang gewählt wird. Obwohl idR schwächer als der Hauptblitz, ist der Vorblitz zumindest bei längerer Belichtungszeit gut von Personen wahrzunehmen, die fotografiert werden sollen und oft anfangen sich zu bewegen in der Annahme die Aufnahme sei bereits beendet..

Erst wenn der Verschluss vollkommen geöffnet ist, wird der Hauptblitz für wenige Millisekunden gezündet. Je nachdem, ob eine Synchronisation auf den ersten oder auf den zweiten Vorhang gewählt wurde, geschieht das am Anfang oder am Ende der Belichtung, die abhängig von den Lichtverhältnissen, dem eingestellten Programm sowie dem Kameramodell zwischen 1/250 sec. und 30 sec. dauern kann.

Das Blitzgerät muss die E-TTL-Technik natürlich unterstützen. Alle aktuellen Canon Geräte der EX- Serie tun das, und auch die meisten Fremdhersteller wie z.B. Sigma und Metz unterstützen E-TTL inzwischen fast durchgängig. Auch der in den meisten Modellen (Ausnahmen EOS 5D, Modelle aus der 1D’er-Reihe) eingebaute Blitz unterstützt erfreulicher Weise E-TTL.

Entfernungsverwertung
Um noch bessere Ergebnisse beim Blitzen zu ermöglichen, sind die Ingenieure von Canon im Jahre 2004 bei der 1D Mark II erstmals dazu übergegangen, die eingestellte Entfernung des Objektivs in die Berechnung mit einzubeziehen. Zu beachten ist allerdings, dass die Entfernung nur in die Berechnung einfließt, wenn der Blitz frontal abgefeuert wird und das jeweilige Objektiv die Informationen überhaupt bereitstellt (eine Liste der entfernungsmeldenden Objektive findet sich im Anhang). Probleme ergeben sich für E-TTL2 allerdings bei Schwenks des Blitzreflektors, um beispielsweise den Blitz über die Decke reflektieren zu lassen. Hier können keine Entfernungsinformationen sinnvoll weiterverarbeitet werden. Gleiches gilt bei Makroaufnahmen und beim Einsatz eines von der Kamera entkoppelten Blitzgerätes.

Reflexionsmessung & Kompatibilität
Ein weiteres Novum der E-TTL II-Technik ist eine ergänzende, zweite Messung, die beim Durchdrücken des Auslösers zusätzlich vor dem Vorblitz durchgeführt wird. Die Ergebnisse beider Messungen werden miteinander verglichen und bei der Bewertung werden besonders die Bildpartien berücksichtigt, die keine großen Helligkeitsunterschiede aufweisen. Der Vorteil liegt darin, dass so reflektierende Gegenstände die Messung nicht mehr übermässig beeinflussen und das Motiv dadurch nicht - wie noch bei der ETTL-Version erster Generation - insgesamt zu stark abgedunkelt wird.

Die Preisunterschiede bei Canon-Blitzgeräten etwa für das Canon Speedlite EX 600 RT sind teilweise markant. Hier greift eine Preisbandbreite von ca. 460 bis über 700 Euro.

Neben den neueren Spitzenmodellen unterstützen die Canon EOS 350D, 20D und 5D E-TTL II. Alle E-TTL- fähigen Blitzgeräte eignen sich auch für E-TTL II, da das Blitzgerät keine neuen Fähigkeiten gegenüber E-TTL benötigt. Dieser Tatbestand wird in den Veröffentlichungen der Blitzgerätehersteller allerdings oft verschleiert, wenn besonders für teure Modelle eine Kompatibilität zu E-TTL-II bescheinigt wird.

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